„Ich betrat die Festung…und verließ sie als ein Lotterbube“: Eine marxistische Kritik der bürgerlichen Gesellschaft in Friedrich Schillers „Der Verbrecher aus Verlorener Ehre“

Friedrich Schillers „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ (1972) beschreibt einen Mann Christian Wolf, der durch seine wiederholten Wildiebstahle (anfangs um seine Geliebte zu gewinnen und danach um das ungerechte Rechtssystem zu rächen) allmählich zu einem berüchtigten Verbrecher wird (13-35). Diese Erzählung wurde erstmals unter dem Titel „Der Verbrecher aus Infamie“ veröffentlicht (Pailer 3). Diese Titelveränderung weist auf die Einstellungsveränderung Schillers. Seiner veränderten Einstellung nach ist Wolf kein eingefleischter Verbrecher („Wir sehen den Unglücklichen…[war] Mensch [wie wir…]“ (meine Hervorhebung) (Schiller 14)), sondern wird bedrängt, seine Ehre zu verlieren und sodann ein Verbrecher zu werden. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist eine Ungewöhnlichkeit als der einzige Gottverehrende inmitten der botschaften Häftlinge im Zuchthaus: „Man verhöhnte mich, wenn ich von Gott sprach, und setzte mir zu, schändliche Lästerungen gegen den den Erlöser zu sagen“ (Schiller 18).
Gaby Pailer fast zusammen, dass es „eine thematische Vorliebe [literarischer Novellen] für [gesellschaftliche Konfliktstoffe wie] die Verschränkung von Recht, Gewalt und Geschlecht“ (meine Hervorhebungen) (3). Daraus lässt sich ersehen, dass die Schriftsteller literarischer Novellen schon in dieser Zeit die „proto-marxistischen“ Ahnungen im Bezug auf ihre Menschheitshaltungen besaßen. Sie machten den ersten Überschritt, weg von der deutschen idealistischen Menschheitshaltungen in die marxistische: [d]as menschliche Wesen sei kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum, sondern das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse (Marx „Thesen über Feuerbach“). Folglich fügt Schiller vor dem Geschichtenanfang hinzu, dass die „Leichenöffnung“ des Lasters Wolfs nicht nur die Menschheit, sondern auch die „[Gerechtigkeit]“ (das Rechtssystem) (meine Hervorhebung) unterrichten sollte (15).
Obwohl Schiller selbst die Bedingung der Umwelt in den Vordergrund steht, wird diese Erzählung in der existierenden Literatur hauptsächlich aus den deutschen idealistischen Ausgangspunkt betrachtet: Mithilfe des hegelschen Begriffs Anerkennung, die „[…] die Bedingung vollständiger Ich-Identität und eines affirmativen Selbstverhältnisse erkennt, aus dem heraus sittliches Verhalten erst möglich ist“, verfolgt Eberhard Ostermann den Prozess, wie Wolf nach Anerkennung durch andere Bürger und Beamte sucht (214)l; Indessen folgt Claudia Liebrand den Prozess Wolfs der „Subjektkonstitution (oder der Seele des Innenraums)“, insbesondere mit Bezug auf Michel Foucault (119). Pailer zeigt durch ihre Analyse der literarischen Techniken in zwei Beispielnovellen (Schillers „Verbrecher aus verlorener Ehre“ und Theodor Fontanes „Grete Minde“) auf, dass literarische Novellen immer „[die] Armut, [die] Fremdheit und die Kriminalisierung von männlichen und weiblichen Figuren“ thematisieren (2), erweitern lässt sich diese These um eine marxistische Perspektive und die Frage, unter welchen Bedingungen der Umwelt spezifisch in Schillers Erzählung Wolf zur Armut, Fremdheit und Kriminalisierung gebracht wird.
Schiller selbst wirft in seiner Geschichteneinleitung die Frage auf: „[Das menschliche] Laster [muss] in einer engen [bürgerliche Sphäre] und in der schmalen [Umzäunung der Gesetze] ersticken… “ (meine Hervorhebung) (13):
Zwischen der heftigen Gemütsbewegung des handelnden Menschen und der ruhigen Stimmung des Lesers, welchem diese Handlung vorgelegt wird, herrscht ein so widriger Kontrast, liegt ein breiter Zwischenraum, daß es dem letzteren schwer, ja unmöglich wird, einen Zusammenhang nur zu ahnden (Schiller 14)
Bereits vor achtzehn Hunderten bemerkt Schiller , dass es eine unüberwindbare Lücke zwischen den „handelnden Menschen“ und „den Lesern“ gibt (14). Deshalb schlussfolgert Schiller, dass „jenes heilsamen Schrecken“, das die gesellschaftliche Normalität in Frage stellt, die Lektüre solcher literarischen Novelle nur ein „Kopfschütteln der Befremdung“ verursacht (14)., Weiter argumentiert Schiller, dass das Mitleid sich auf ein dunkles Bewusstsein ähnlicher Gefahr gründen muss (14). Aber die Ähnliche Gefahr zwischen den „handelnden Menschen“ und „den Lesern“ ist nirgendwo zu sehen, weshalb das Mitleid dazwischen unmöglich ist.
Trotz dieser Bemerkung erklärt Schiller nicht den Grund für die unüberwindbare Lücke. Um diesen Grund zu erklären muss die Leserschaft des achtzehnten Jahrhunderts in Betracht gezogen werden. Vor der Popularisierung der Alphabetisierung wurden nur die Menschen aus bestimmten Klassen, hauptsächlich die feudalistischen Adeligen und die aufkeimenden Kapitalisten, in der Lage, richtig erzogen und alphabetisiert zu werden. Wenn die Autoren die Geschichten der illiteralen Bevölkerung schreiben, fühlten die sich die Leser dadurch befremdet, weil die Bedingungen der Umwelt der Leserschaftsklasse stark von jenen der illteralen Bevölkerung unterschieden. Infolgedessen können die Leser nur aus einer distanzierten Position diese Geschichte „kalt“ einsetzen (oder die „Klassenbeschränkung“ in der marxistischen Theorie), während die Geschichtenträger aus der illiteralen Bevölkerung, ihr gemeinsames Mitleid, sie „heiß“ einsetzen (Schiller 14).
Angenommen dass Schiller selbst die marxistische Menschheitshaltung und die Klassenstruktur der Leserschaft hervorhebt, analysiere ich diese Erzählung mithilfe der marxistischen Theorien, die die „proto-marxistischen Ahnungen“ zusammenbringen, und finde ich heraus, unter welchen Bedingunge der Umwelt Wolf zum Verbrecher gemacht wird.
In der Vorstellung des Hintergrunds Wolfs ist eine Einzelheit leicht zu übersehen: „[d]ie Wirtschaft war schlecht, und Wolf hatte müßige Stunden“ (Schiller 16). Aber alle seine späteren Verbrechen lassen sich auf diese Einzelheit zurückführen. Wenn die Wirtschaft gut laufen würde, wäre Wolf imstande, eine angemessene Einnahme zu bekommen, und dadurch mit seinem Nebenbuhler Robert gerecht zu konkurrieren. Indessen entdeckt Karl Marx, dass die vorläufige Mittelklasse konstant einer Tendenz folgt, allmählich in die Unterklasse (das Proletariat) zu rutschen („Manifest der kommunistischen Partei“) Diese Einzelheit ist der Anhang dieser Tendenz für Wolf, dies sich später durch seine gescheiterte „Spekulationen“ verstärkt (Schiller 16).
Der Urgrund für die Armut Wolfs ist seine finanzielle Belastung, die durch seinen Liebesbedarf nach dem armen Mädchen Johanne entsteht: „Doch das Mädchen war arm. Ein Herz, daß seinen Beteuerungen verschlossen blieb, öffnete sich vielleicht seinen [Geschenken], aber ihn selbst drückte Mangel…“ (meine Hervorhebung) (Schiller 16). Aus Johannes Perspektive ist ihre Liebe nur ein Instrument des Geldgewinns: Wer ihr teueres Geschenk geben kann, der gewinnt ihre Liebe. Sie konfrontiert auch die obenerwähnte Tendenz und um diese Tendenz zu bekämpfen muss sie die Liebe von Männern ausüben. Dies wird durch die Szene ihres Wiederrteffens bewiesen, wenn sie in diesem Punkt zu einer Soldatendirne degradiert. Bei ihrem Wiedertreffen kehrt sie ihre Einstellung für Wolf total um: „‚Sonnenwirt!‘ schrie sie laut auf und machte eine Bewegung, mich zu umarmen. ‚Du wieder da, lieber Sonnenwirt! Gott sei Dank, daß du wiederkommst!‘“ (Schiller 20). Zusammenfassend wird Wolf unter der damals geldbasierten Liebe zum Verbrecher gemacht.
Kurz vor dem ersten Wilddiebstahl Wolfs wird seine Strafe verstärkt. Das neue Edikt fordert, dass die Verbrecher des Wilddiebstahls zum Zuchthaus „verdammt“ werden (Schiller 16-17). Die Strafregel, die oberflächlich die natürlichen Äcker vor der Schädigung der Wildtiere schützt, schützt in der Tat das Eigentum der Adeligen, an die der Staat das Jagdrecht ausschließlich veräußert (Ostermann 216). Folglich kann Robert als ein „Jägerpusche des Försters“ (Schiller 16) unbehindert im wilden Wald jagen, während die Jagd Wolfs als Wilddiebstahl betrachtet wird. Indessen bemerkt Foucault eine allmähliche Wendung im Rechtssystem seit dem achtzehnten Jahrhundert:
Keine Zweifel daran, dass die Definition der Verbrechen, die Hierarchie ihrer Ernsthaftigkeit, der Margin der Erträglichkeit, was in der Tat ertragt wurde und was rechtlich erlaubt wurde – dies alles hat sich…verändert; viele Verbrechen gelten nicht mehr für Verbrechen, weil sie mit…einer besonderen Gattung der [wirtschaftlichen Tätigkeiten] verknüpfen. (meine Hervorhebung)
Hierbei verweist Foucault auf eine marxistische Denkweise, d. h. wirtschaftliche Grundlegungen (Herstellungsmethoden und Herstellungsverhältnisse) bestimmen die Superstrukturen (einschließlich des Rechtssystems) (Riley 258). Infolgedessen wandte das damalige Rechtssystem, das zuvor die Interessen der feudalistischen Adeligen schützt, allmählich an den Schutz der Interessen der besitzenden Adeligen (später die aufkeimenden Kapitalisten). Indessen ist das Wilddiebstahl eine unmittelbare Schädigung des Eigentums dieser Adeligen. Aus diesem Grund verstärkt sich die Strafe dagegen Schritt für Schritt., wie Pailer bemerkt: „Anfänglich wird [Wolf] mit Geldbußen, dann mit einjährigem Zuchthaus, schließlich mit Festungshaft bestraft“ (4).
Als er erstmals zum Zuchthaus gebracht wird, vermeidet er seine Gefangenschaft mithilfe der Geldbußen, wodurch sein ganzes Vermögen geopfert wird (Schiller 17). Darum ist er foran pleite, weshalb er wegen seiner Insolvenz die Gefangenschaft akzeptieren muss, als er zum zweiten Mal zum Zuchthaus gebracht wird (Schiller 17). Das Zuchthaus bringt ihn nichts anders als seine gewachsene Leidenschaft und seinen Trotz (Schiller 17). Nach einer Reihe von gescheiterter Arbeitssuche begeht er zum dritten Mal Wilddiebstahl (Schiller 18). In diesem Gerichtsverfahren sehen alle Richter „in das Buch“: „Das Mandat gegen die Wilddiebe bedurfte einer solenennen und [exemplarischen Genugtuung], und Wolf ward verurteilt…drei Jahren [auf der Festung zu arbeiten]“ (meine Hervorhebungen) (Schiller 18). Die Strafe fordert „einer exemplarischen Genugtuung“ (Schiller 18). Indessen bemerkt Foucault, dass die Strafen im achtzehnten Jahrhundert auf die Darstellung der körperlichen Quäle zielen, um der Bevölkerung ein Beispiel zu geben (7). Folglich sind die körperlichen Strafen so grausam, dass sie innerlich ihre Zuschauer schrecken können. Ein Nebeneffekt dafür ist es, dass die grausamen Strafen die Körper der Verbrecher mehr oder weniger verletzen oder mindestens schwächen. Deshalb ist „die Arbeit auf der Festung“ wesentlich Zwangsarbeit (Schiller 18) (In der englischen Übersetzung dieser Erzählung wird „auf der Festung zu arbeiten“ (Schiller 18) in „hard labour at the dungeon“ übersetzt (High 42)). Diese Zwangsarbeit depraviert die Arbeitsfähigkeit Wolfs durch ihre Körperverletzung/-schwächung („Die Arbeit war hart und mein Körper kränklich“ (Schiller 18)) und seine erste Strafe depraviert seine finanzielle Fähigkeit. Infolgedessen wird Wolf durch ass bürgerliche Rechtssystem zum Verbrecher gemacht, in dem Wolf die Verbrecherposition nehmen, andernfalls verdient keinen zum Überleben benötigten Lebensunterhalt.
In ein paar Szenen werden die Äußerlichkeiten Wolfs hervorragend beschrieben: In der Vorstellung des Hintergrund Wolfs schieben seine Äußerlichkeiten alle Weiber ab (Schiller 16); Nach seiner Entlassung aus der Festung schieben seine grässliche Gesichtszüge der junge Knabe und die anderen Bürger ab (Schiller 19); Als Wolf auf seiner Flucht in einer Grenzstadt übernachten will, verursachen seine zweifelhaften Äußerlichkeiten die Zweifel des Torschreibers vor dem Stadttor, obwohl Wolf ihm einen gültigen Pass zeigt (Schiller 31-32). Daraus lässt sich ersehen, dass die damaligen Menschen nach Äußerlichkeiten die Klassenzugehörigkeit eines Fremden beurteilen, weil die Äußerlichkeiten der Menschen aus unterschiedlichen Klassen sich in der Zeit weitgehend unterscheiden.
Die Weiber missfallen Wolf, nicht nur weil seine Äußerlichkeiten angeboren hässlich sind, sondern auch weil er kein ausreichendes Geld hat, seine Äußerlichkeiten leicht durch äußerliche Modifizierungen (zum Beispiel Schminke oder Frisur) zu kompensieren: „Der eitle Versuch, seine Außenseite geltend zu machen, verschlang noch das wenige, was er durch eine schlechte Wirtschaft erwarb“ (Schiller 16). Die damaligen Weiber achten besonders auf die Äußerlichkeiten ihrer potenziellen Geliebten, denn ihr Lebensumstand weitgehend davon abhängen.
In ähnlicher Weise verwendet der junge Knabe diese Beurteilung. Obwohl diese Beurteilung ihm aufgrund seines jungen Alters noch nicht vollkommen bewusst ist, ist ihm mindesten bewusst, vor den Menschen mit grässlichen Zügen zu hüten.
Am merkwürdigsten ist die Beurteilung des Torschreibers. Er überprüft die Äußerlichkeiten Wolfs, wodurch sein Zweifel erregt wird. Daher fordert er Wolf, ihm einen Pass vorzulegen. Wolf zeigt ihm gehorsam einen Pass, den der Torschreiber zwar gültig findet,
Aber diese einzelne Zeugnis war nicht genug, eine vierzigjährige Observanz umzustoßen…[Der Torschreiber glaubte seine Augen mehr als diesen Papiere], und Wolf war genötigt, ihm nach dem Amthaus zu folgen. (meine Hervorhebung) (Schiller 32)
Diese Beurteilung ist im Herzen des Torschreibers so eingewurzelt, dass sogar ein staatlicher Ausweis nicht ausreicht, ihn zu überzeugen. Ausschließlich angesichts der Äußerlichkeiten Wolfs fühlt der Torschreiber verpflichtet, ihn nach dem Amthaus zu bringen, obwohl er gar nicht dafür gefordert wird. Zusammenfassend wird Wolf durch diese auf die Äußerlichkeiten basierte Klassenzuschreibung zum Verbrecher gemacht.
Auf seiner Flucht kennt er einen Anführer einer Räuberbande lernen, wodurch er sein Räuberbande beteiligt (Schiller 24-28). In dieser Räuberbande wird eine kollektive Lebensweise durchgeführt: Sie feiern und essen zusammen ((Schiller 27); sie arbeiten ihre Diebsangriffe aus (Schiller 29). Daraus lassen sich die Schatten der kommunistischen Gesellschaft (oder „pseudo-kommunistische Gesellschaft“) als der Gegenteil der bürgerlichen Gesellschaft ersehen: die Menschen aus der Unterklasse vereinigen sich, um ihre unabhängige kollektive Gesellschaft aufzubauen. Dies beweist wiedermals, dass Schiller „proto-marxistische Ahnungen“ besaß. Jedoch ist diese Räuberbande keine richtige kommunistische Gesellschaft (Laut Marx fehlen den kommunistischen Versuche vor seiner Zeit (1818-1883) drei Grundlagen, nämlich die Klassebasis, das Klassenbewusstsein und die die Proletariat repräsentierende Partei, die zur Erschließung kommunistischer Gesellschaften unbedingt nötig sind). Aber diese Räuberbande trifft einigermaßen den Zweck der Erschließung kommunistischer Gesellschaften für Wolf, also den Umsturz der marxistischen „Entfremdung“(Marx „Die entfremdete Arbeit“). Wie Ostermann bemerkt, dass der Bedarf Wolfs nach zwischenmenschlicher Anerkennung vom Gesetz und Staat verweigert wird (215). Dieser Bedarf wird durch die Gastfreundschaft der Bandenmitglieder getroffen:
Die Welt hatte mich ausgeworfen wie einen Verpesten – hier fand ich [brüderliche Aufnahme, Wohlleben und Ehre]. Welche Wahl ich auch treffen wollten, so erwartete mich Tod; hier aber konnte ich wenigstens mein Leben für einen höheren Preis verkaufen. (meine Hervorhebung) (Schiller 28)
Mithilfe der damals avantgardistischen Gattung der literarischen Novelle bahnte Schiller einen neuen Weg der Menschheitsforschung. Anders als die deutsche idealistische Tradition besaß Schiller „proto-marxistische“ Ahnungen, d. h. die Menschheit ist für ihn winiger innewohnendes Wesen als die Bedingungen der Umwelt, unter denen man sich befindet (Marx „Thesen über Feuerbach“). Aus dieser Behauptung entwarf Schiller seinen Charakter Wolf, der durch seine Bedingungen der Umwelt zu einem Verbrecher gemacht wird. Infolgedessen ist Wolf ein Verbrecher nicht aus Infamie, sondern aus verlorener Ehre, wie seine Titelveränderung auch anzeigt. Laut meiner Analyse aus der marxistischen Perspektive entdecke ich, dass Wolf unter drei Bedingungen der Umwelt zu einem Verbrecher gemacht wird, nämlich die auf die Äußerlichkeiten basierte Liebe, das damalige bürgerliche Rechtssystem und die auf Äußerlichkeiten basierte Klassenzuschreibung. Außerdem wird der Bedarf Wolfs nach zwischenmenschlicher Anerkennung durch die Beteiligung einer Räuberbande kompensiert. Angesichts ihrer kollektiven Lebensweise und ihres Kampfs gegen zwischenmenschliche Entfremdung kann diese Räuberbande als eine „pseudo-marxistische Gesellschaft“ betrachtet werden.

 

Zitierte Werke
Ostermann, Eberhard. „Christian Wolfs Kampf um Anerkennung. Eine anerkennungstheoretische Deutung von Schillers Erzählung ‚Der Verbrecher aus verlorener Ehre‘“. Literatur in Wissenschaft und Unterricht, der 24. Band, 2001, S. 211-224.
Foucault, Michel. „Der Körper der Verurteilten“ (“The Body of the Condemned”). Überwachen und Strafen (Discipline and Punishment), von Alan Sheridan übersetzt, 1977, zweite Auflage, Vintage Books, Random House Inc., New York, 1995, S. 3-31.
High, Jeffrey L. (Übersetzer). “The Criminal of Lost Honour, a True Story” („Der Verbrecher aus verlorener Ehre, eine wahre Geschichte“). Schiller’s Literary Prose Works, New Translations and Critical Essays (Die literarischen Novellen Schillers, neue Übersetzungen und kritische Essays), Camden House, New York, S. 39-55.
Liebrand, Claudia. „‚Ich bin der Sonnenwirt‘: Subjektkonstitution in Schillers ‚Der Verbrecher aus verlorener Ehre‘“. Diskrete Gebote: Geschichten der Macht um 1800 : Festschrift für Heinrich Bosse, Königshausen und Neumann, Würzburg, 2002, S. 117-129.
Marx, Karl. „Die entfremdete Arbeit“. Ökonomisch-philosophische Manuskripte, 1844, Marxist Internet Archive (das Internetarchiv der Marxisten), https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1844/oek-phil/1-4_frem.htm
Marx, Karl. „Manifest der kommunistischen Partei“. 1848, Marxist Internet Archive (das Internetarchiv der Marxisten). https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1848/manifest/index.htm
Marx, Karl. „Thesen über Feuerbach“. 1845, http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_005.htm
Pailer, Gaby. „‚Verlaß dich nicht auf dein Gewalt.‘ Armut, Fremdheit und Kriminalisierung männlicher und weiblicher Figuren in historischen Novellen (Schiller, Fontane)“. Der Deutschunterricht, der 64. Band, 2012, S. 2-10..
Riley, Patrick. „Kaptel 14: Karl Marxs Philosophie des Rechts“ (“Karl Marx’s Philosophy of Law”). Ein Traktat der legalen Philosophie und der allgemeinen Rechtswissenschaft (A Treatise of Legal Philosophy and General Jurisprudence), von Dordrecht Springer veröffentlicht, 2009, S. 257-265.
Schiller, Friedrich. „Der Verbrecher aus verlorener Ehre, eine wahre Geschichte“. Friedrich Schiller, Gesamte Werke, Band 5: Erzählungen und theoretische Schriften, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1993, S. 13-35.

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